nachdem das theater im schuppen unter der leitung von frank radüg bereits
am ersten abend der diesjährigen schultheatertage mit sartres "fliegen"
aufsehen erregt hatte, setzte es auch dessen beeindruckenden schlußpunkt.
man kann darüber streiten, ob diese präsenz der frankfurter theatergruppe
auf einem uckermärkischen SCHULtheaterfest berechtigt ist ... man kann
aber auch behaupten, daß keine stimmigere klammer zwischen laien- und
professionellem theater hätte konstruiert werden können als durch das
auftreten dieses ensemble. ich persönlich tendiere zu letzterem. ronny
ist im knast, seit er 14 ist. er kommt gut zurecht, weiß, wo es lang
geht. man legt ihm den neuankömmling tobias in die zelle, der an gnadenloser
selbstüberschätzung leidet und nicht bereit ist, sich den bestehenden
regeln unterzuordnen. was allerdings notwendig ist, wenn man im system
überleben will. sehr schnell entwickelt sich ein kampf um die macht
in der winzigen zelle, in dem das aufsichtspersonal in der person knast-hannis
lediglich als schiedsrichter fungiert und persönliche sympathien eine
lebenswichtige rolle spielen. "taube im gitterkreuz" ist ein text, den
frank radüg und seine darsteller selbst erarbeitet haben: er besticht
durch seine einfache, sinnliche sprache, durch seine eindringliche realitätsnähe,
die durch eine sehr bestimmte künstlichkeit konterkariert und verstärkt
wird. die minimalistische umsetzung bringt den text erst recht zur geltung
ebenso wie die großartigen darstellerischen leistungen, die sich durch
eine sehr konzentrierte und körperliche spielweise auszeichnen. - eine
harte geschichte, die durchaus über sehr poetische und komische momente
verfügt und mit großer leichtigkeit erzählt wird. wunderbar. - und wieder
fehlen mir die worte, wie schon an jenem donnerstagabend, um diesen
großartigen theaterabend angemessen beschreiben zu können. - das passiert
mir nicht sehr oft und ist vielleicht das beste, was ich über diese
inszenierung sagen kann: daß sie theater in seiner konzentriertesten
form war. auf den darsteller gestellte, überaus sinnliche geschichtenerzählung,
die sich kritisch zur uns umgebenden realität stellt, die sich in ihrer
komplexität nicht vollständig in worte fassen lässt und dabei nicht
nur den verstand sondern ganz wesentlich auch das gefühl beanspruchte
- das des publikums wie das der bühnenfiguren. und deshalb möchte ich
an dieser stelle - wenn auch unüblicherweise - stephanie paschke, daniel
heinz, stefan stern und frank radüg noch einmal für diesen abend danken
- der mir persönlich sehr viel bedeutet. s.p.